Am Sonntag entscheiden die Wähler, wer in den kommenden Jahren ihre Interessen vertreten soll. Auf welcher Basis wird die Wahl getroffen? Offenbar glauben zumindest Politiker, dass ihr Auftritt im Wahlkampf entscheidet. Kampf als Beschreibung eines demokratischen Vorganges? Worum und mit welchen Mitteln wird gekämpft?
Als „fortgesetzte angestrengte Bemühung zur Erreichung oder Verhinderung von etwas“ definiert der Duden den Kampf. Insofern passt der Begriff zum Ringen um Gerechtigkeit, freiheitliche Bedingungen und Gleichstellung in sich wandelnden Verhältnissen. Langfristige Prozesse gilt es zu gestalten, Verantwortung zu übernehmen für die aktuellen Entscheidungen und ihre Konsequenzen. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Entscheidungen mitunter zunächst Einschränkungen bedeuten können und ihren positiven Effekt erst später zeigen. Zukunftsorientierung lautet das Stichwort, ein offener Diskurs im Sinne der Zukunftsgestaltung ist gefordert, geführt von beauftragten Stellvertretern, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind.
Aber wie passen der Fokus auf Zukunft und die schnelle Abfolge der Legislaturperioden zusammen? Wie wahrscheinlich ist es, dass Politiker unbequeme Maßnahmen durchsetzen, wenn sie spätestens zur Hälfte ihrer Amtszeit den Fokus auf wahldienliche Berichterstattung legen? „Unsere Demokratie ist so konstruiert, dass eine nachhaltige und zukunftsorientierte Politik kaum möglich ist. Die Politiker wollen in vier Jahren wiedergewählt werden, während die Wähler Steuersenkungen und Arbeitsplatzsicherheit möglichst jetzt bekommen wollen“, sagt Professor Dr. Bernward Gesang, Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie III der Universität Mannheim. Wähler und Politiker hätten „beide ein Interesse daran, die Kosten heutiger Politik in die Zukunft zu verschieben.“
Der Frage, wie in diesem System Politik zu machen sei, die nicht zu Lasten zukünftiger Generationen und deren Umwelt geht, widmen die Universität Mannheim und die Studierendeninitiative Club of Rome e.V. aktuell eine Veranstaltungsreihe. Nach dem Vorbild Ungarns, Israels und einiger anderer Länder lautet eine Variante, demokratisch legitimierte Interessenvertreter zukünftiger Generationen schon in heutigen Entscheidungsgremien mitbestimmen zu lassen.
Solcherart langfristige Überlegungen drängen sich dieser Tage nicht auf, da man durch Papierwälder aufwendig geschminkter Gesichter stolpert und allüberall mit Parolen und Versprechen adressiert wird. Es mangelt auch nicht an Polemik gegen die konkurrierenden Parteien und deren Personal – aktuell auf die Spitze getrieben beim politischen Aschermittwoch. Die Person des Politikers steht im Vordergrund, der sich durch scharfe Abgrenzung und schöne Plakate profiliert. Bleibt die Hoffnung, der Demos möge sich seiner eigenen Verantwortung bewusst sein, Plakate ignorieren und über die gesamte Legislaturperiode wachsam verfolgen, welche Politiker sich tatsächlich für unsere Zukunftsthemen einsetzen, unbequeme Positionen wagen und sich darin als echte Kämpfer für langfristige Ziele zeigen.