Heute vor einem Jahr endete eine kurze, aber umso bedeutendere Ära: Die vierjährige Amtszeit des Komikers Jón Gnarr als Bürgermeister der isländischen Hauptstadt Reykjavík. Mit seiner nach der Krise gegründeten „Besten Partei“ (Besti flokkurinn) errang er auf Anhieb einen Wahlsieg, nach nur einer Amtsperiode trat er freiwillig von der politischen Bühne ab.
Wieso ist ein Komiker geeignet, das Wahlvolk zu einen inmitten einer Vertrauenskrise in die Politik? Humor eröffnet die Möglichkeit anderer Sichtweisen, des Perspektivenwechsels. Das enttäuschte Vertrauen nahm er auf, indem er das System der Wahlversprechen, des Wahlkampfs und das ernste Gebärden der Parteien persiflierte. Seine Parole „alles ist machbar“ ist dabei durchaus ernstzunehmen, denn Humor eröffnet Wege zur Gestaltung. Entgegen der rein ironischen Wahlversprechen bewegte er in seiner Funktion etwas, schuf Möglichkeiten direkter Einflussnahme der Bürger, trat für Umweltschutz ein und setzte Zeichen etwa gegenüber Islands internationalen Handelspartnern.
Gerade in konflikthaften Zeiten scheint es ratsam, sich an den Humor zu halten. Vielleicht ist nicht alles tatsächlich machbar, also umsetzbar. Alles ist aber denkbar und sich von den gängigen Vorgaben, den meist engen Anforderungen freizumachen und einmal in alle Richtungen zu denken, schafft auch in angespannten Situationen Raum für kreative Lösungen. In der Mediation folgt auf das ernsthafte Ergründen der Motivation der Konfliktpartner eine solche Phase – ein Gedankensturm bar jeder Einschränkung. Die Machbarkeit kommt erst später ins Spiel, wenn Lösungen ausgewählt und Handlungsschritte konkretisiert werden. Manche Lösungsvorschläge entbehren in ihrer Realitätsferne nicht der Komik, das Lachen ist dabei durchaus gewollt. Neben anderen positiven Auswirkungen auf den menschlichen Körper senkt das Lachen auch den Stresspegel.
In einer offenen Kommunikationskultur, in einer generell positiven Stimmung im Unternehmen kann der Humor Brücken schlagen – solange man gemeinsam lacht. Er birgt die Chance auf Perspektivenwechsel, auf das Finden neuer Wege. Mancher geht so weit, ihn für unabdingbar zu halten: „Kein Geist ist in Ordnung, dem der Sinn für Humor fehlt“ (Samuel Coleridge).
In Island bleibt der Humor ein hoher Wert. Mit ihm hat die nationale Devise „Das wird schon“ („Thetta reddast“) sicher beigetragen zur positiven Gestimmtheit auf der wetterumspielten, zwischen den Mächten immer wieder umkämpften Insel im Norden. Auf 71 Jahre Unabhängigkeit blickt das Land heute zurück – Glückwunsch, Island, zum Nationalfeiertag! Til hamingju med daginn!