„Hätte ich doch einen anderen Job gewählt“ – Laut einer Studie hegen 60 Prozent der deutschen Arbeitnehmer diesen Gedanken im Schnitt zweimal pro Woche. Der Satz ist Ausdruck einer Denkschleife, die dauerhaft Motivation kostet und am Ausschöpfen der eigenen Potenziale hindert. Dysfunktionale Kognitionen nennt die Klinische Psychologie solche Denkmuster, bekannt vor allem als Begleitsymptome einer Depression. Dr. Martin Sauerland, Wirtschaftspsychologe an der Universität Koblenz-Landau, hat nun erstmals Denkblockaden und ihre weitrechenden Auswirkungen in der Arbeitswelt systematisch erforscht.
Insgesamt 15 dysfunktionale Denkmuster in der Arbeitswelt hat Sauerland bislang festgestellt. Über 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung kennen solche Denkblockaden gar in hoher Ausprägung. Verursacht werden dysfunktionale Denkmuster insbesondere durch drei Faktoren: durch Sozialisationsprozesse in Form von Leistungsimperativen aus Schule und Erziehung, durch eigene Motive wie die Furcht vor sozialer Zurückweisung oder die Furcht vor anderen Personen sowie durch verzerrte soziale Vergleiche mit anderen, ohne die Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
Besonders stark kommen dysfunktionale Kognitionen unter Leistungsdruck, bei Stress, in Change-Prozessen oder in Fällen von Absentismus zur Geltung, also wenn ein Arbeitnehmer aufgrund von Motivationsverlust erhöhte Fehlzeiten hat. In seinen Studien zur Wirkung von Denkblockaden im Arbeitsleben stellt Sauerland unter anderem Zusammenhänge zu Entscheidungskompetenz, Karriereerfolg, Leistungsmotivation, Abiturnote oder Burnout-Gefährdung fest. So schöpfen Beschäftigte mit ausgeprägten dysfunktionalen Denkmustern nicht nur ihr Leistungspotenzial nicht aus – sie tun sich schwer mit Entscheidungen, bleiben auf der Karriereleiter stecken und sind stärker gefährdet, auszubrennen.
Wie also können wir umgehen mit Denkschleifen und dysfunktionalen Denkmustern? Zunächst gilt es sie zu analysieren. Wer den Ursprung eines Glaubenssatzes oder eines wiederkehrenden Gedanken kennt, hat größere Chancen, sich davon bewusst zu distanzieren – oder eine Lösung zu finden. „Hätte ich doch einen anderen Job gewählt“ kann ein Hinweis sein für eine anstehende Veränderung: Eine Umschulung, eine ergänzende Fortbildung oder den Wechsel des Arbeitsplatzes. Damit wird die unbewusste demotivierende Wirkung in eine produktive Kraft verwandelt, die zielführendes Verhalten auslöst. Führungskräfte sollten ihr Augenmerk in der Personalführung auch auf potenzielle Denkfallen richten – im Coaching können die Überzeugungen hinter solchen Denkblockaden aufgezeigt und bearbeitet werden.